Per Eilbeschluss soll in den nächsten zwei Wochen die Umwandlung der Samtgemeinde Walkenried in eine Einheitsgemeinde eingeleitet werden. Um die Bürger von der Notwendigkeit zu „überzeugen“, fand am 6. Oktober eine Bürgerinformation im Freizeitzentrum Walkenried statt. Man sprach erneut von einer Alternativlosigkeit, die auch schon bei einer möglichen Fusion mit Bad Sachsa herhalten musste. Ratssitzungen, die der Bürgerinformation voran gehen sollten (inkl. entsprechender Beschlüsse) wurden kurzfristig verschoben, um keinen falschen Eindruck zu erwecken. Sitzungen der Gemeinden Walkenried, Wieda und Zorge, sowie der Samtgemeinde Walkenried, finden statt. Trotzdem wurde bei der Veranstaltung im Freizeitzentrum deutlich, dass die Umwandlung zur Einheitsgemeinde nur noch formal beschlossen werden muss.
Timo Rose, Abgeordneter im Rat der Gemeinde Wieda, geht die Bürgerinformation nicht weit genug. „Die Räte dürfen nicht über die Köpfe der Einwohner hinweg entscheiden. Ob nun die Umwandlung gewollt ist, hätte ein verbindlicher Bürgerentscheid entscheiden müssen.“ Einfache Infoveranstaltungen sind keine Bürgerbefragungen und erst recht keine demokratischen Abstimmungen. Allerdings ist dafür keine Zeit mehr. In der 42. Kalenderwoche werden bereits die Weichen gestellt. Alles muss schnell gehen. Schließlich sind im nächsten Jahr Kommunalwahlen und man könnte die Wahlen verbinden. Eine Zustimmung zur Umwandlung gilt schon deshalb als sicher. Trotz der Übermacht der Befürworter wird Timo Rose im Rat der Gemeinde Wieda gegen den Beschluss stimmen und seine scharfe Kritik erneuern. Eine Gemeindefusion wird extreme Nachteile für Demokratie und Bürgerbeteiligung bedeuten, die Effektivitätssteigerung kann nur maginal erfolgen und die Kosteneinsparung ist so gering, dass ein Haushaltsausgleich trotzdem weiterhin ohne massive Einsparungen nicht machbar sein wird. Die Rot-Grüne-Regierungskonstellation lässt bewusst die Kommunen ausbluten, um dann die „bestimmende Kraft“ zu werden. Eine Selbstverwaltung der Kommunen wird somit gnadenlos „verscherbelt“. Hauptsache man erreicht eine Reduzierung der jährlichen Kosten.
Es verwundert deshalb auch überhaupt nicht, dass bei der Informationsveranstaltung schnell das Fazit geäußert wurde, dass die Einwohner der Samtgemeinde weitgehend einer Einheitsgemeinde zustimmen und nur noch der Name strittig ist. Dem ist aber nicht so. Die Kritiker der Einheitsgemeinde blieben vielmehr der Veranstaltung fern, da eine Entscheidung seitens der Einwohner sowieso nicht mehr möglich ist. Bürgergespräche zur Einheitsgemeinde machten deutlich, dass die Einwohner der Samtgemeinde sich damit abgefunden haben, nichts ändern zu können. Und dann wundern sich noch die Verantwortlichen, dass eine Politikverdrossenheit existiert.
Durch die Umwandlung in eine Einheitsgemeinde wird es zukünftig keine der aktuellen Gemeinderäte mehr geben. Im besten Fall werden Wieda und Zorge einen Ortsrat mit 5-6 Personen besitzen. Die finanzielle Hoheit liegt allerdings dann in der Einheitsgemeinde. Nur noch ein Haushalt (der Einheitsgemeinde) wird zukünftig beraten und beschlossen. Im schlimmsten Fall gibt es lediglich nur noch sogenannte Ortsvorsteher in den jetzigen Mitgliedsgemeinden und (Orts-)Räte werden komplett abgeschafft. Dies führt dazu, dass die „Entscheidungsmacht“ immer weiter von der lokalen Ebene abrückt. Auch werden zukünftig Einzelbewerber und kleine Parteien kaum noch Chancen haben, einen Ortsrat anzugehören, sofern so eine Struktur politisch gewollt ist. Scheinheilig warb man bei der Versammlung noch, dass sich mehr Bürger kommunalpolitisch beteiligen sollten. Diese Beteiligung ist dann aber nur noch im Einheitsgemeinderat realistisch. Da hilft es auch nicht, dass die Bürgermeister aus Zorge und Wieda sich dafür einsetzen, Ortsräte zu schaffen. Denn die verminderte Größe verhindert, dass sich wirklich alle Meinungen einbringen können. Nicht jeder will in der SPD oder CDU aktiv sein, um überhaupt in den Rat gewählt zu werden.
Darüber hinaus sollte jedem klar sein, dass eine Fusion mit Bad Sachsa leichter umzusetzen ist, wenn die Samtgemeinde Walkenried umgewandelt ist. Die Hauptgrundlage ist eine gezielte Erpresserpolitik. Man erhält somit nur Zuwendungen, wenn man genau dies umsetzt, was vorgesetzt wird. Schon jetzt beugen sich die Mehrheiten der „fremdbestimmten“ Kommunalpolitik, die nun weiter verstärkt wird. Mehrfach wurde am 06. Oktober betont, dass die Umwandlung nichts mit der Entschuldung und deren zusätzlich Belastungen zu tun hat. Dies könnte man so auslegen, weil schon wegen der Fusion mit Bad Sachsa kräftig gespart wurde. Allerdings darf man nicht vergessen, dass für die Entschuldungshilfe die Umwandlung eine Grundlage sein wird, da man die Samtgemeinde aufgefordert hat, Einsparungen zu generieren. Für die agierenden Verwaltungsorgane ist es allerdings vorteilhaft, wenn unangenehme Fragen zu Finanzen nicht beantworten werden müssen.
Die Argumentationen der Einsparungen bei der Umwandlung der Samtgemeinde hält Rose allerdings für nicht vermittelbar: „Demokratie darf nicht wegen Sanierungsmaßnahmen kaputt gespart werden. Die Zerstörung von demokratischen Strukturen vor Ort fügt Kommunen einen bleibenden Schaden zu, der nicht mehr korrigiert werden kann.“
Die Linke. wird im Gemeinderat Wieda die Bildung einer Einheitsgemeinde klar ablehnen. Man wird sich nicht an die erpresserische Poltik und an den Demokratieabbau beteiligen. Leider wird die Stimme kaum Einfluss haben, so dass die Einheitsgemeinde beschlossene Sache sein wird. Bei der Bürgerinformation war schließlich nur noch der Name diskussionswürdig. Man empfahl die Samtgemeinde Walkenried um den Passung „Samt“ zu korrigieren. Außerdem könnte man den Klosterbezug mit einbeziehen. Somit wird es wohl auf eine Einheitsgemeinde „Klostergemeinde Walkenried“ oder „Klosterort Walkenried“, o. ä. hinaus laufen. Letztendlich ist die Namensgebung aber nur ein Meilenstand im lokalen Kürzungsdiktat.
Das Grundgesetz garantiert Städten, Gemeinden und Landkreisen, „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln.“ (Grundgesetz Art 28 Abs. 2). Leider hat dies mit der Realität nichts wirklich zu tun. Es fehlt eine angemessene Finanzausstattung zur Erfüllung der ständig wachsenden Aufgaben. Viele kommunale Aufgabenfelder sind inzwischen durch Gesetze und Verordnungen sowie teilweise bis ins Detail gehende staatliche Standards „fremdbestimmt“. Es wird oft, wie in der Samtgemeinde Walkenried, nur noch der Mangel verwaltet. Kommunale Selbstverwaltung im Sinne des Grundgesetzes wird damit ad absurdum geführt. Rettungspakte der Landesregierung können keine dauerhafte Lösung darstellen. Die Linke. fordert eine solide finanzielle Ausstattung der Kommunen, damit wieder politische Entscheidungen vor Ort möglich sein.