Ratsherr Timo Rose zur Fusionsfrage im Südharz
Die Fusion zwischen Bad Sachsa und der Samtgemeinde Walkenried soll nach Auffassung der Mehrheit im Wiedaer Rat angestrebt werden. Nachdem die Samtgemeinde Walkenried gestern einstimmig (!) dem Antrag auf Entschuldung gefolgt ist, hat nun heute auch die Gemeinde Wieda mehrheitlich sich für die Vereinigung zwischen Bad Sachsa, der Samtgemeinde Walkenried und den Gemeinden Wieda, Walkenried und Zorge ausgesprochen. Timo Rose (Die Linke.) stimmte entschlossen gegen den Entschuldungsantrag und die anzustrebende Fusion. „Eine Fusionsverhandlung auf Augenhöhe ist nicht gegeben und die Bürger würden unter der Last der zusätzlichen Belastungen, die auch noch Bad Sachsa der Samtgemeinde diktiert, zusammenbrechen. Dies ist einfach nicht für die Bürger zu stemmen, und der demographische Wandel wird mit dieser Entscheidung weiter verstärkt“, stellt Rose fest. Weiterhin ist sich DIE LINKE. vor Ort sicher, dass es mit dem Wegfall der Gemeinderäte in der Samtgemeinde im Falle der Fusion zu einem dramatischen Demokratieabbau kommen wird.
Die Fusion selbst wird keine strukturellen Probleme lösen und wurde direkt vom Land Niedersachsen der Kommune „aufgedrückt“. Die Alternativlosigkeit, in die die Kommunen gekommen sind, ist einer falschen, unsozialen Politik geschuldet. „Falsche Umverteilung zu Gunsten von Land und Bund, fehlende Finanzstrukturen und vor allem die Steuergeschenke an die Besserverdiener und Großunternehmen haben dazu beigetragen, dass den Kommunen nun das Wasser bis zum Hals steht“, stellt Rose fest. Mit zwei Gegenstimmen (Linke, Parteiloser Liebetruth, der aber nur dagegen stimmte, weil er die gesamte Sitzung in Frage stellte) und einer Enthaltung (Ulrich Kamphenkel, der die Änderungswünsche der CDU nicht mittragen wollte) wurde beschlossen, die Entschuldungshilfe zu beantragen und die Fusion anzustreben. Die SPD-Fraktion und die CDU-Fraktion stimmten geschlossen dafür, wobei die CDU noch bei der Kommunalwahl mit der Positionierung gegen die Fusion massiv Stimmen zugewonnen hatte.
Bestandteil der Beantragung der Entschuldungshilfe ist eine Erhöhung der Kindergartengebühren zum 1.1.2014 und Angebung der Hebelsätze in zwei Schritte auf 400 v. H. Außerdem sollen nun, nach dem Antrag der CDU, die Abwassergebühren mit in die Verhandlung einfließen. Für die angebliche Verhandlung bleiben 3 (!) Monate Zeit, denn bis zum 30. Juni 2013 muss alles feststehen, wenn die Gemeinden Walkenried, Zorge und die Stadt Bad Sachsa ebenfalls zustimmen.
Das heutige Statement des linken Ratsherrn (kursiv: musste bzgl. der Redezeit gekürzt werden)
[Anrede]
ich werde dem Antrag auf Entschuldungshilfe und dem Einleiten einer Gebietsreform nicht unterstützen und deshalb mit NEIN stimmen. Sicherlich wird es sie nicht sonderlich überraschen, da meine Auffassung zu diesem Themenkomplex ja hinreichend bekannt ist. Allerdings gestatten sie mir ein paar Erläuterungen zu meinem Abstimmverhalten.
Mit der Entschuldungshilfe soll ein großer Teil (bis zu 75%) der kurzfristig anlaufenden Kassenkredite übernommen werden. Finanziert wird dies durch eine Umlage auf ALLE Kommunen in Niedersachsen und durch einen, per Kredit finanzierten, Entschuldungsbeitrag des Landes Niedersachsen. Die Genehmigung der Hilfe bedeutet aber nicht nur, dass es eine Entlastung geben wird, sondern birgt auch erhebliche Belastungen mit sich. So wird der Samtgemeinde auferlegt, ein hartes Kürzungsprogramm in sozialen und kulturellen Bereichen durchzuführen. Soll heißen: Die Bürgerinnen und Bürger sollen kräftig aus eigener Tasche zahlen! Einige Maßnahmen, wie z. B. die Erhöhung der Grundsteuer, der Hundesteuer, von Gebühren, usw. wurden bereits teilweise umgesetzt, weitere müssen folgen. Dies ist extrem unsozial und ungerecht. Unsozial, weil die Bürgerinnen und Bürger an ihre maximalen finanziellen Belastbarkeit angekommen sind. So kam z. B. die letzten Befragung von Senioren in der Samtgemeinde zum Ergebnis, dass viele Rentnerinnen und Rentner in der Samtgemeinde nur über finanzielle Mittel unterhalb der Armutsgrenze verfügen. Und ungerecht ist die Entschuldungshilfe gerade deshalb, weil die Bürgerinnen und Bürger in keinster Weise für die Verschuldung verantwortlich sind.
Oft wird sogar vollkommen verschwiegen, dass nicht die Kommunen selbst für ihren Schuldenberg verantwortlich sind. Fehlende Finanzausstattungen, Umverteilungen zu Gunsten der Länder und des Bundes und vor allem auch die Steuergeschenke an die Besserverdienenden und großen Unternehmen haben ihren Teil dazu beigetragen. Schon lange fordert Die Linke. eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen und das Ende der weiteren Aufdrücken von Aufgabenbereichen ohne Gegenfinanzierung. Dies ist eine Spirale ohne Ende. [Denn die kommunalen Kassenkredite halten sich, trotz Sparbemühungen, auf hohem Niveau von über 5 Milliarden Euro in Niedersachsen. Laut Berechnungen des Niedersächsischen Industrie- und Handelskammertages betrugen sie 2011 durchschnittlich 608 Euro pro Einwohner in unserem Bundesland. Ohne vernünftige Finanzierung der Kommunen seitens des Landes und Bundes wird man die negativen Finanzen in Niedersachsen nicht in den Griff bekommen. Die Landtage und der Bundestag haben mit ihren Mehrheiten dafür gesorgt, dass die Kommunen in dieses finanzielle Desaster gebracht worden sind. Letztendlich wurden seit Beginn der Finanzkrise nun weitere Milliarden von Steuergeldern aufgewendet, um privates Reichtum der Besserverdienenden abzusichern. Geld ist genug da, es müsste nur anderes verteilt werden.]
Mit der Beantragung der Entschuldungshilfe ist auch eine Gebietsreform verbunden. So heißt es im Antrag, dass die Gemeinde Wieda die Absicht erklärt, sich mit der Samtgemeinde Walkenried, den Gemeinden Walkenried, Zorge und der Stadt Bad Sachsa zu vereinigen. Allerdings werden sich auch durch die Fusion mit Bad Sachsa die struktuellen Probleme nicht lösen lassen. Schon immer habe ich dies bezweifelt. Deshalb wurde seitens der LINKEN die Möglichkeit einer Samtgemeinde Südharz beraten, um wenigstens etwas zu retten. Leider mussten wir von Herrn Haberlandt erfahren, dass diese Gebietsreform, keine Entschuldungshilfe zu erwarten hat und mussten diese Idee verwerfen, die wenigstens Teile der demokratischen Struktur vor Ort hätte sichern können. Mit den verbundenen Auflagen der Entschuldungshilfe, werden die Gestaltungsmöglichkeiten der kommunalen Gremien massiv eingeschränkt und die kommunale Selbstverwaltung somit behindert. Darüber hinaus hat der Bürger in der Vergangenheit deutlich zu verstehen gegeben, dass eine Fusion nicht gewollt ist. Aber dies war ja schon bei der jetzigen anstehenden Kreisfusion zwischen Göttingen und Osterode, die übrigens ebenfalls der Samtgemeinde erheblich zusetzen wird, schon unerheblich. Ich hätte mir auch für Wieda gewünscht, dass nicht die Politik, sondern der Bürger in der Samtgemeinde, per Bürgerentscheid oder gar Bürgerbegehren, die Entscheidung zur Fusion selbst hätten treffen können. Bei so einer gravierenden Gebietsveränderung reicht, meiner Meinung nach, eine normale Information nicht aus. Der Bürger hätte direkt beteiligt werden müssen. Schließlich geht es nicht nur um die Zukunft von Wieda, sondern auch um die Zukunft der Wiedaer Bürgerinnen und Bürger. Auf die Bürger kommt einiges zu. Dadurch wird der demographische Wandel noch weiter verstärkt und ihre Berechnungen werden nicht aufgehen. Auch sehe ich keine Verhandlung auf Augenhöhe mit Bad Sachsa, da Bad Sachsa die bessere Ausgangssituation hat und dies entsprechend bereits nutzt.
Ich fordere das Land Niedersachsen erneut auf (jetzt wo wir eine neue Regierung haben), unabhängig von Gebietsreformen, Kommunen finanziell gleich zu behandeln. Wenn Kassenkreditzinsen von mehreren Gemeinden übernommen werden würden, dann muss dies auch im Fall der Nichtfusion geschehen. Andernfalls entsteht der Eindruck, dass der Bürger erpresst und die demokratische Entscheidung erkauft werden soll, um politische Auffassungen durchzudrücken.
Heute wird es jedenfalls von mir keine Zustimmung zum Antrag auf Entschuldungshilfe und zur Fusionsanstrebungen mit der Stadt Bad Sachsa geben. Ich kann den sozialen Aspekt nicht gegenüber den finanziellen Aspekt vollständig ignorieren.Wohl wissend, dass der Bund und das Land unsere Kommune in einer Alternativlosigkeit getrieben hat, wo andere Vorschläge Mangelware sein werden. Dies kann aber nicht bedeuten, dass man seine Überzeugung verrät. Die Entschuldungshilfe und der Zusammenschluss ist letzendlich allerdings auch keine tragfähige Alternative, sondern eine gewollte politische Richtungsbeeinflussung.